Die Berufsunfähigkeit geprüft auf Herz und Nieren. Was steckt hinter den Versicherungsbedingungen und wann sind Anwälte wirklich gut abgesichert?
- Einführung
- AU-Klausel
- Infektionsklausel
- Erwerbsminderungsklausel
- Umorganisationsklausel
- Ausschlüsse
- Medizinische Mitwirkung
- Verweisungsmöglichkeiten
- Nachversicherungen
- Befristete und Zusatzleistungen
- Preisgestaltung
- Fazit
I. Einführung
Wer sich für eine Berufsunfähigkeitsabsicherung entschieden hat ist schon einmal einen deutlichen Schritt weiter, als viele andere: Nur knapp 25 % der Menschen in Deutschland haben eine BU. 25 % werden bis zum Rentenalter BU.
Dass das leider nicht die gleichen 25 % sind, zeigen die nicht vorhandenen Insolvenzen der Versicherer 🙂
Deshalb lohnt sich ein Blick dahinter. Was macht einen Versicherer aus: Service, Freundlichkeit, Geburtstagsgrüße, Farbe des Logos, Sponsor des Lieblingsvereins?
Spoiler: Nichts davon.
Was kauft man stattdessen bei einer BU? Nichts anderes als die Versicherungsbedingungen! Und da es auch einmal vor Gericht gehen kann bei einer BU (Anmerkung: Die meisten BU-Fälle gehen nicht vor Gericht, aber wir gehen jetzt einmal vom Worst-Case aus) bringt einem alles eben genannte nämlich wie erwähnt gar nichts! Da kann der Herzensverein aus München kommen und meine BU-Versicherung blau sein, es zählt dann nur: Was steht in diesem Vertrag.
Nun habe ich folgendes Problem: Gehe ich auf Check24, Verivox oder zur Verbraucherzentrale bekomme ich oft die herrschende Meinung zu hören – es gäbe nahezu keine Unterschiede mehr in den AVBs (Allgemeinen Versicherungsbedingungen) und der Preis sei ausschlaggebender.
Weiterer Spoiler: Auch das ist absoluter Blödsinn.
Jede BU-Versicherung, die es am Markt gibt ist anders als die anderen, keine ist identisch.
Aufgrund dessen ist es für den Interessenten unheimlich wichtig zu wissen: Was steckt in meinen AVBs? Was ist versichert? Was nicht? Was muss ich im Leistungsfall und davor beachten?
Deshalb schauen wir uns im Folgenden einmal einen Versicherer an, der sich auf eine bestimmte Zielgruppe spezialisiert zu haben scheint: Die Deutsche Anwalt- und Notarversicherung!
Dem Namen leicht zu entnehmen liegt hier eine BU-Versicherung vor, die maßgeschneidert für den Rechtsanwalt oder Notar zu sein scheint.
Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen und gehen ins Bedingungswerk hinein. Es wird konkret um die Punkte gehen, die die DANV anderen Bedingungswerken als Alleinstellungsmerkmal voraus hat, aber auch genauso die Punkte, bei denen der Versicherer des ERGO-Konzerns dringend Nachholbedarf hat. Punkte, die der Versicherer zwar grundsätzlich bereits richtig macht, aber keinen Marktvorsprung darstellen, werden außen vor gelassen.
Los geht’s!
II. AU-Klausel
AU heißt Arbeitsunfähigkeit und hat den Vorteil, dass im Falle der AU (gelber Schein liegt vor) grundsätzlich geleistet werden muss. Zwischen Berufsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit liegen nämlich Unterschiede, auf die jetzt im Speziellen aus Platzmangel nicht eingegangen wird. Nur so viel: AU ist ein vorübergehender Zustand, BU ist längerfristig (meist 6 Monate mindestens). Man wird also im Normalfall schneller AU, als BU und es erleichtert die schnellere Zahlung der Rente. Derjenige, der eine AU-Klausel haben möchte und eine private Krankentagegeldversicherung hat, sollte vorab klären, dass es keine Probleme in der Leistung gibt.
Die DANV definiert die AU folgendermaßen:
,,Die versicherte Person ist arbeitsunfähig, wenn sie
- seit mindestens vier Monaten ununterbrochen arbeitsunfähig krankgeschrieben ist und ein Facharzt bescheinigt, dass sie voraussichtlich bis zum Ende eines mindestens sechsmonatigen Zeitraums arbeitsunfähig sein wird oder
- seit sechs Monaten ununterbrochen arbeitsunfähig krankgeschrieben ist. Mindestens eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankmeldung) muss von einem Facharzt ausgestellt werden.”
und weiter
,,Wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer im Sinne dieser Bedingungen arbeitsunfähig wird, erbringen wir unter bestimmten Voraussetzungen für einen Zeitraum von maximal 18 Monaten folgende Leistungen (…).“
Folgendes gibt es hier am allgemeinen BU-Markt, was grundsätzlich besser wäre:
- Bescheinigung über voraussichtlich 6 Monate reicht aus
- Leistung aufgrund AU ab dem ersten Tag der AU
- 36 Monate, statt 18 Monate Leistung
- Keine Bescheinigung des Facharztes notwendig
- Keine Anrechnung der AU-Leistungen auf die gesamte Leistungsdauer: Habe ich also die 18 Monate ausgeschöpft, wird diese Klausel hinfällig
Fazit AU-Klausel: Die AU-Klausel ist eine durchschnittliche am Markt, nicht mehr und nicht weniger.
III. Infektionsklausel
Bei der Infektionsklausel bekomme ich dann Geld, wenn ich aufgrund eines behördliche angeordneten Tätigkeitsverbotes meinen Beruf nicht mehr ausüben kann bzw. darf. Also wieder eine vereinfachte Leistungsanerkennung seitens des Versicherers. Dadurch, dass bei einem vollständigen Tätigkeitsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz eine Befristung und Kürzung der finanziellen Unterstützungen vorliegen, versuchen manche Versicherer durch diese Klausel Abhilfe zu verschaffen.
Die Infektionsklausel der DANV lautet wie folgt:
,,Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Versicherungsbedingungen liegt auch vor, wenn aufgrund einer von der versicherten Person ausgehenden Infektionsgefahr von der zuständigen Behörde aus rein medizinischen Gründen ein vollständiges Tätigkeitsverbot nach § 31 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ausgesprochen wurde und dieses Tätigkeitsverbot für mindestens sechs Monate ununterbrochen bestanden hat oder für diesen Zeitraum ununterbrochen verfügt wird. Berufsunfähigkeit liegt dagegen nicht vor, sofern die versicherte Person für die Dauer des Verbots von ihrem Arbeitgeber mit einer anderen Tätigkeit betraut wird oder wenn die versicherte Person eine ihrer Ausbildung und Erfahrung entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausübt und diese Tätigkeit ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.”
Das geht besser:
- Generelle Infektionsklausel aufgrund gesetzlicher Vorschriften
- Infektionsklausel auch bei teilweise Tätigkeitsverbot: Min. 50 %
- Infektionsgefahr muss nicht von der Versicherten Person ausgehen
- Infektionsklausel aufgrund der Vorlage eines Hygienikerplans
Fazit Infektionsklausel: Die Infektionsklausel ist mit die schlechteste, die der Markt hergibt. Von den knapp 50 BU-Bedingungswerken gibt es nur knapp eine Hand voll, die hier noch schwächer auf der Brust sind.
IV. Erwerbsminderungsklausel
Falls sich ein Rechtsanwalt fragt, was diese Klausel ihm bringen würde, da er ja eine BU-Leistung aus dem Versorgungswerk erhält: Der hat grundsätzlich Recht! Aber auch das ist im Bedingungswerk geregelt. 🙂
Auch bei der EMI-Klausel ist es so, dass bereits dann eine Leistung gezahlt wird, wenn eine EMI-Rente von der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird. Es kann durchaus vorkommen, dass diese geleistet wird und die BU-Versicherung (noch) nicht.
Aber auch generell bietet diese Klausel den Vorteil, dass bei Anerkennung der Rente von einem Sozialversicherungsträger kein Nachweis bei der BU-Versicherung mehr erbracht werden muss, um eine Rente zu erhalten.
Also auch hier wieder: Schnellere Leistung und Sicherheit durch Klarstellung.
Die EMI-Klausel der DANV sieht folgendermaßen aus:
,,Berufsunfähigkeit nach Ziffer 3.1 liegt auch vor, wenn die versicherte Person allein aus medizinischen Gründen von der Deutschen Rentenversicherung eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält. Voraussetzung hierfür ist: Die versicherte Person ist bei Eintritt der vollen Erwerbsminderung mindestens 50 Jahre alt und dieser Vertrag besteht seit mindestens 10 Jahren. Der Versicherte muss uns auf Verlangen nachweisen, dass ausschließlich ein medizinischer Grund vorliegt.”
Wer hat genau drauf geachtet? Diese Klausel ist für Rechtsanwälte allein schon deshalb wertlos, weil hier mit keinem Wort das Versorgungswerk benannt wurde!
Die Barmenia bspw. stellt das in ihren AVBs klar und forderte entweder eine EMI-Rente der DRV oder aber eine Rente aus dem berufsständischen Versorgungswerk.
Was wäre wieder besser?
- Keine Altersbeschränkung von 50 Jahren und Voraussetzung für Vertragsbestand von 10 Jahren.
- Ausweitung auf BU-Renten aus dem Versorgungswerk
Fazit EMI-Klausel: Mittelfeld bis unteres Drittel im Marktdurchschnitt. Gerade für Rechtsanwälte ist diese Klausel total wertlos. Dabei wäre hier drei Wörter ,,oder des Versorgungswerkes” so wichtig gewesen!
V. Umorganisationsklausel
Ist diese Klausel in den Bedingungen enthalten, kann der Versicherer verlangen, dass man den eigenen Betrieb so umgestaltet, dass er nicht leisten muss.
Ob jemand jemals selbstständig sein wird in seinem Leben, kann man zum Zeitpunkt des Abschlusses nie sagen. Deshalb ist dies eine wichtige Klausel, v.a. für Rechtsanwälte, bei denen die Selbstständigkeit naheliegend ist.
DANV:
,,Für Selbstständige und Freiberufler, deren zuletzt ausgeübter Beruf dem Bereich der rechts-, wirtschafts-, steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Berufe oder diesen nach Ausbildung, Kenntnissen oder Fähigkeiten gleichzustellenden Berufen zurechenbar ist, gilt nach Ziffer 3.1.3: Wir verzichten auf die Möglichkeit der konkreten Verweisung. Berufsunfähigkeit liegt diesen Personen damit auch dann vor, wenn sie ihren Arbeitsplatz und Tätigkeitsbereich in zumutbarer Weise umorganisieren können.”
Heißt auch hier wie bei der konkreten Verweisung: Bin ich selbstständiger Rechtsanwalt, dann ist alles super. Könnte es sein, dass ich es irgendwann einmal nicht mehr bin, habe ich auch hier Probleme, denn die restliche Umorganisationsklausel ist eher schlecht.
Fazit Umorganisationsklausel: Siehe Fazit Konkrete Verweisung.
VI. Ausschlüsse
Hier bitte hellhörig werden, denn genau in den Ausschlüssen bei den AVBs lassen sich Versicherer gerne ein Hintertürchen auf, um ggf. nicht leisten zu müssen.
Deshalb: Augen auf und aufgepasst!
1. Verkehrsdelikte
Manche Versicherer schließen vorsätzliche Straftaten im Straßenverkehr aus.
Gerade bei der sich wandelnden Abgrenzung von Vorsatz und Grober Fahrlässigkeit kann kein Mensch mit absoluter Sicherheit sagen, dass er nie in den Vorwurf des Vorsatzes gerät – v.a. nicht bei einem Vertrag der im Normalfall 30 Jahre und mehr laufen wird.
DANV:
..Die versicherte Person hat die Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen durch vorsätzliche Ausführung oder den Versuch einer Straftat selbst verursacht. Wir erbringen jedoch die volle Berufsunfähigkeitsleistung bei fahrlässigen und grob fahrlässigen Verstößen sowie bei Vergehen im Straßenverkehr, bei denen bei der versicherten Person eine Blutalkoholkonzentration von unter 1,1 Promille festgestellt wurde.”
Heißt konkret: Ausschluss vorsätzlicher Straftaten, Wiedereinschluss von Straßenverkehrsdelikten, aber nur wenn weniger als 1,1 Promille festgestellt wurde.
Wie ginge es besser:
- Straftaten (auch vorsätzliche) sind generell im Straßenverkehr mitversichert
Fazit Ausschluss Verkehrsdelikte: Ist mit eine der besseren am Markt, nur die 1,1 Promille-Grenze muss nicht sein.
2. Generelle Mitversicherung von inneren Unruhen in- und außerhalb
Deutschlands
Was sind Unruhen denn überhaupt? Der BGH sagt dazu:
,,Innere Unruhen sind gegeben, wenn zahlenmäßig nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung in einer die öffentliche Ruhe und Ordnung störenden Weise in Bewegung geraten und Gewalt gegen Personen oder Sachen verüben.”
Zugegeben: Hier hat fast kein Versicherer am aktuellen Markt keinen generellen Ausschluss.
DANV sagt hier:
,,Auch wenn die versicherte Person auf Seiten der Unruhestifter an inneren Unruhen teilgenommen hat, ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen.”
Fazit Ausschluss innere Unruhen: Absoluter Usus am Markt. Sollte sich jedoch generell ändern, dass es funktioniert beweist z.B. der Münchener Verein.
3. Krieg und kriegerische Ereignisse:
Diese Ausschlüsse wurden in den letzten Jahrzehnten womöglich belächelt, in der aktuellen Lage lohnt sich jedoch (ohne schwarzmalen zu wollen) ein Blick hinein.
DANV:
,,Die Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen wurde unmittelbar oder mittelbar durch Kriegsereignisse verursacht. (…) Der Versicherungsschutz besteht aber in dem nachfolgenden Fall uneingeschränkt: Die Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen wurde während eines Aufenthalts außerhalb Deutschlands in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen verursacht, an denen die versicherte Person nicht selbst aktiv beteiligt war.”
Wie wäre es besser gegangen?
- Mitversicherung von humanitären Hilfeleistungen durch die Bundeswehr bei Krieg und kriegerischen Ereignissen außerhalb Deutschlands – relevant für Reservisten unter den Juristen
Was hier versäumt wurde ist die Klarstellung im Bedingungswerk. Jeder, der beim Bund war und ggf. hier wieder aktiv werden könnte, sollte das im Hinterkopf haben.
Fazit Ausschluss Krieg und kriegerische Ereignisse: Absoluter Marktdurchschnitt, eine Hand voll Versicherer stellen das o.g. in ihren AVBs klar.
4. ABC-Waffen und Terrorgefahren:
Gleicher Punkt wie eben: Mittlerweile wieder relevanter als früher.
DANV:
,,Die Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen wurde unmittelbar oder mittelbar durch den vorsätzlichen Einsatz von atomaren, biologischen oder chemischen Waffen verursacht. Dies gilt auch für den vorsätzlichen Einsatz oder die vorsätzliche Freisetzung von radioaktiven, biologischen oder chemischen Stoffen. Voraussetzung ist, dass der Einsatz oder das Freisetzen darauf gerichtet sind, das Leben oder die Gesundheit einer Vielzahl von Personen zu gefährden (Anschlag).”
Vielzahl wird hier näher definiert und auf max. 1.000 Personen betreffend festgelegt. Vielzahl = mehr als 1, spricht 2 Personen. Heißt: Irgendwas zwischen zwei und 1.000 Personen müssen betroffen sein.
Besser: Generelle Mitversicherung von ABC-Waffen.
Fazit Ausschluss ABC-Waffen und Terrorgefahren: Machen 99 % der Versicherer ebenso wie die DANV. Dass es besser geht zeigt z.B. Canada Life.
5. Strahlen und Kernenergie
DANV:
,,Die Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen wurde durch außer Kontrolle geratene Kernenergie verursacht und die Katastrophenschutzbehörde oder eine vergleichbare Einrichtung musste tätig werden. Kernenergie kann zum Beispiel in Folge eines Reaktorunfalls außer Kontrolle geraten.”
Fazit Ausschluss Strahlen und Kernenergie: Machen 99 % der Versicherer ebenso wie die DANV. Dass es besser geht zeigt z.B. der Volkswohl Bund
VII. Medizinische Mitwirkung
Um eine Leistung zu bekommen muss die versicherte Person bestimmte Dinge tun bzw. erfüllen. Obliegenheitspflichten wie z.B. die medizinische Mitwirkung sind auch deshalb wichtig, da ansonsten bei Fehlsichtigkeit und dem Widerwillen eine Brille zu tragen, BU-Versicherer zur Leistung verpflichtet wären.
Was sagt die DANV:
,,Wir machen die Leistung grundsätzlich nicht davon abhängig, ob die versicherte Person ärztliche Anordnungen befolgt. Wenn jedoch eine wesentliche Besserung der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu erwarten ist, ist die versicherte Person verpflichtet · geeignete Hilfsmittel zu verwenden (z.B. Brille, Prothese) · sich zumutbaren Heilbehandlungen zu unterziehen. Zumutbar sind Heilbehandlungen, die gefahrlos und nicht mit besonderen Schmerzen verbunden sind. Nicht zumutbar sind Heilbehandlungen, die eine Operation vorsehen.”
Was wurde hier versäumt klarzustellen:
- Keine Ausweitung auf Heilpraktiker
- Keine Verpflichtung zur Einhaltung von Diäten oder Suchtentzügen
Fazit medizinische Mitwirkung: Im oberen Leistungsquartal der AVBs findet sich zumindest der Ausschluss auf Ausweitung auf Heilpraktiker. Diese Nicht-Klarstellung hat in einem sehr guten Bedingungswerk nichts zu suchen!
VIII. Verweisungsmöglichkeiten
Die Geschichte von der Verweisung im Leistungsfall auf einen Pförtnerjob ist genauso überholt wie die abstrakte Verweisung selbst. Diese beinhaltet die Möglichkeit des Versicherers, den Leistungsbeantragenden auf irgendeinen dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugehörigen Job zu verweisen.
Konkrete Verweisung hingegen bedeutet, dass der Versicherer dann die Leistung einstellen kann, wenn die Versicherte Person einer Arbeit (zeitlich nach der festgestellten BU) nachgeht, die aufgrund ihrer Ausbildung, Kenntnissen, Erfahrung, Fähigkeiten, sozialer Wertschätzung und Gehalt kongruent ist zu der Tätigkeit vor der BU.
Beispiel: Ein Arzt kann noch als Medizinprofessor arbeiten. Hier kann der Versicherer den Kunden an den entsprechenden Beruf verweisen.
DANV:
,,Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung werden wir gegebenenfalls auf eine vergleichbare Tätigkeit, die die versicherte Person konkret ausübt oder ausgeübt hat, verweisen. Dies nennt man eine konkrete Verweisung. Wir werden nicht auf eine andere berufliche Tätigkeit verweisen, die die versicherte Person ausüben kann, aber nicht konkret ausübt oder ausgeübt hat (Verzicht auf abstrakte Verweisung).”
Heißt: Ausschluss abstrakte, Einschluss konkrete Verweisung.
ABER: Obacht, liebe Rechtsanwälte!
,,Ist der zuletzt ausgeübte Beruf dem Bereich der rechts-, wirtschafts-, steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Berufe oder diesen nach Ausbildung, Kenntnissen oder Fähigkeiten gleichzustellenden Berufen zurechenbar, prüfen wir nicht, ob die versicherte Person noch eine andere Tätigkeit wahrnimmt oder wahrnehmen kann. Wir verzichten bei diesem Personenkreis damit auch auf die Möglichkeit der konkreten Verweisung.”
Hier bekommen Sie also ein wirkliches Highlight, weil den Verzicht der konkreten Verweisung lediglich ein weiterer Versicherer inne hat.
Und das wirkliche Alleinstellungsmerkmal ist der Verzicht auf konkrete Verweisung in der Nachprüfung. Sind Sie also einmal BU und Rechtsanwalt, ist es dem Versicherer nahezu nicht mehr möglich aus der Leistung zu entfliehen.
Nur dann, wenn ein Rechtsanwalt nicht mehr als Rechtsanwalt arbeitet hat eben dieser Nachteile, denn die Verweisung von anderen Berufen ist eher im unteren Drittel.
Fazit Konkrete Verweisung: Sehr gut für Rechtsanwälte und Co., mangelhaft für alle anderen.
IX. Nachversicherungen
Die Lebensumstände verändern sich, die anfangs abgeschlossene BU-Rente passt nicht mehr, der Gesundheitszustand lässt eine Erhöhung nicht zu – Worst-Case. Dafür dass dieser Fall nicht weiter schlimm ist, gibt es bei allen Versicherern Erhöhungsmöglichkeiten ohne erneute Gesundheitsprüfung, wenn bestimmte Ereignisse vorliegen und manchmal auch ohne in den ersten paar Vertragsjahren.
Bei der DANV liegen diesen Nachversicherungen folgende Voraussetzungen zugrunde:
,,Voraussetzungen für eine Nachversicherung:
- Die versicherte Person hat das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet.
- Die Versicherung muss beitragspflichtig sein.
- Für die versicherte Person wurden bislang keine Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit, Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit erbracht oder beantragt.
- Die versicherte Person darf nicht berufsunfähig oder erwerbsunfähig sein.
- Die monatliche Berufsunfähigkeitsrente muss sich mindestens um 50 Euro erhöhen.
- Die monatliche Berufsunfähigkeitsrente darf sich höchstens um 100 Prozent, maximal 500 Euro erhöhen.
- Sollten Sie bis zum Ende der Beitragszahlungsdauer mehrfach die Berufsunfähigkeitsrente durch die Nachversicherungsgarantie erhöhen, gilt: Die Summe der Erhöhungen der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente darf 1.000 Euro nicht übersteigen.
- Für die gesamte Jahresrente aus allen bei uns bestehenden Versicherungen gilt: Sie darf einschließlich der beantragten Berufsunfähigkeitsrente durch die Nachversicherungsgarantie nicht mehr als 30.000 Euro betragen.”
Langer Absatz. Was hier schwer wiegt sind die 1.000 € maximale Erhöhungen, max. 2.500 € monatliche BU-Rente und die Altersgrenze mit 50.
Bedeutet: Kappung nach oben hin, gerade bei anfangs sehr niedrig gestapelten BU-Renten und Unsicherheit nach dem 50. Lebensjahr, da danach keine Erhöhung mehr möglich ist, gerade dann jedoch gebraucht wird, weil große Inflation, lebenswichtige Ereignisse etc. kommen können.
Und dass Rechtsanwälte mit 2.500 € ihr Leben lang zurecht kämen bleibt bei einem Durchschnittsbrutto von knapp 70.000 € jährlich jetzt einfach einmal unkommentiert.
Was wäre also besser:
- Keine Begrenzung der BU-Rente nach oben hin
- Keine zeitliche Begrenzung der Leistungserhöhung: Kein Höchstalter
- Höhe der Leistungserhöhungen nach oben hin unbegrenzt
Daneben lassen sich bei der DANV bei folgenden Ereignissen keine Erhöhung durchführen:
- Tod des Ehegatten
- Pflegefall des Ehegatten oder Lebenspartner
- Wiederaufnahme der Tätigkeit nach Elternzeit oder 18 Monate nach Geburt eines Kindes
- Übergang aus einem min. ein Jahr laufenden Teilzeit- oder befristeten Arbeitsverhältnisses in eine unbefristete Vollzeitstelle
- Wechsel in die berufliche Selbstständigkeit: Sehr wichtig bei Rechtsanwälten!
- Erlangung einer Prokura oder Beförderung zum leitenden Angestellten
- Wegfall oder Reduzierung einer BU-Rente (z.B. Versorgungswerk, bAV): Auch sehr wichtig für Rechtsanwälte durch das VW!
- Erstmaliger Wechsel in einen Beruf, der eine Mitgliedschaft in einer öffentlich rechtlichen Körperschaft erfordert und nicht nur nebenberuflich ausgeübt wird
- Karrieregarantie für Berufstätige: Erhöhung über die Obergrenze der Nachversicherung hinaus
Fazit Nachversicherungen: Nicht flexibel genug, Kappung nach oben hin für Gutverdiener ein Graus, Altersbegrenzung schwierig und Nachversicherungen mangelhaft im Marktdurchschnitt.
X. Befristete und Zusatzleistungen
1. Befristete Leistungen
Kurz: Hat der Versicherer diese Möglichkeit, besteht immer Unsicherheit für die Versicherte Person, weil dem Versicherer grundsätzlich diese Tür offen steht.
DANV:
,,Wir erkennen unsere Leistungspflicht grundsätzlich unbefristet an. Wir können in begründeten Einzelfällen einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis für maximal 12 Monate aussprechen. Das heißt, dass wir nach Ablauf der Frist erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere berufliche Tätigkeit ausübt. Bis zum Ablauf der Frist ist das zeitlich begrenzte Anerkenntnis für uns bindend.”
Wie wäre es besser:
- Verzicht auf Befristung
- Kostenübernahme der Prüfung der Fortdauer der BU, wenn schon Befristung
Fazit befristete Leistung: Mangelhaft.
2. Zusatzleistungen
Nicht unbedingt kriegsentscheidend, aber doch ganz nützlich im Leistungsfall und bei der Entscheidung, wenn zwei Versicherer gleichwertig erscheinen.
Wann die DANV keine Leistungen in Form von Geld erbringt:
- Übergangshilfe
- Rehabilitationshilfe bzw. Hilfe bei Umschulung
- Schwere Krankheiten bei den Kindern
Fazit Zusatzleistungen: Geht leicht besser, ist aber nicht weiter schwerwiegend.
XI. Preisgestaltung
Ja, Preis ist wichtig. Aber nicht das Entscheidungskriterium. Hier sollte man sich nach einer ausführlichen Analyse die passendsten zwei bis drei Versicherer aussuchen und erst dann in die Preisgestaltung gehen.
Für einen Vergleich nehmen wir folgende Daten an:
- geboren am 01.01.1990
- Versicherungsendalter 67
- BU-Rente 2.500 € monatlich (danach spielt die DANV ja leider nicht mehr mit, zumindest in der Erhöhung 😉
- inkl. AU-Klausel
- 2 % p.a. an Rentensteigerung im BU-Leistungsfall
Kleiner Hinweis: Wir schauen uns hier den sogenannten Bruttobeitrag (oder auch Tarifbeitrag) an, da ausschließlich dieser maßgeblich ist. Der Nettobeitrag (oder auch Zahlbeitrag) ist derjenige, den man tatsächlich zahlt, wenn man sich vom Versicherer die Überschüsse als Beitragsreduktion vergüten lässt.
Dass das jedoch nicht von Dauer sein kann, zeigen die Zinsänderungen und demnach wird im Folgenden lediglich der monatliche Tarifbeitrag (und in Klammern der Zahlbetrag) angegeben.
Da es den Platz hier sprengen würde ein (ganz) kleiner Auszug aus dem Preisvergleich:
- Helvetia: 104,68 € (104,68 €)
- Canada Life*: 110,44 € (110,44 €)
- Basler: 130,85 € (98,14 €)
- Hannoversche: 133,51 € (101,47 €)
- Alte Leipziger: 150,89 € (117,69 €)
- HDI: 151,39 € (113,54 €)
- Barmenia: 163,83 € (119,59 €)
- DANV Premium: 169,93€ (112,15 €)
- LV1871: 171,30 € (113,06 €)
- Volkswohl Bund: 186,32 € (121,11 €)
- Swiss Life: 233,92 € (147,37 €)
- Continentale: 279,98 € (167,99 €)
* 3 % Leistungsdynamik, da die Canada Life nur diese Variante anbietet
Man sieht also, dass die DANV nicht gerade am Sparen ist, was den Preis angeht. Es muss demnach abgewogen werden, ob der deutliche Aufpreis den Mehrwert, den man persönlich in der DANV-BU sieht, rechtfertigt.
Kurz zur Klarstellung: Die DANV BU “Komfort” unterscheidet sich lediglich in einigen Punkten von der “Premium”. Z.B. hat die Premium eine AU-Klausel, die Komfort nicht und es werden Kapitalzahlungen wegen schweren Krankheiten sowie bei Verlust von Grundfähigkeiten geleistet. Auch lässt sich der Versicherungsschutz bei der Premium dann anpassen, wenn die Regelaltersgrenze angepasst werden muss.
XII. Fazit
In Summe gibt es einige Punkte an denen die Kollegen der ERGO noch arbeiten müssen, bis eine ganz klare und ausschließliche Empfehlung der DANV-BU an Rechtsanwälte erfolgen wird.
Was in diesem Artikel jedoch nicht unbemerkt bleiben soll: Die DANV hat viele Punkte, die gut sind, jedoch nicht erwähnt wurden, weil sie nicht einzigartig am Markt sind. Demnach ein wenig undankbar, aber damit kann ich leben. 😉
Zusammengefasst sind AU-, Infektions-, EMI-Klausel zu schwach und wenig klar definiert. Auch das Thema medizinische Mitwirkung im Leistungsfall trifft gleichartige Kritik.
Was einzigartig ist, ist der Verzicht auf konkrete Verweisung für Rechtsanwälte u.ä., was auch in der Umorganisationsklausel umgesetzt wurde. Nachversicherungen sind jedoch mit die schlechtesten, die der Markt hergibt und v.a. für Rechtsanwälte absolut nicht adäquat.
Summa summarum muss das schlussendlich der Kunde (also Sie 🙂 entscheiden, ob dieser eine (mehr oder minder große) Vorteil überwiegt. Schließlich sollte sich der Interessent auch den Preis anschauen.
Eine klare Empfehlung gibt es deshalb von meiner Seite aus (noch) nicht!
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Hinweis: Dieser Artikel basiert auf dem Bedingungswerk von 12/2021.