Agenda
- Wie war die Tariflandschaft bisher?
- Bisheriger Top-Tarif – was war gut, was schlecht?
- Was wird im neuen Tarif anders sein – worin ist der neue besser, worin schlechter als der alte?
- Preisgestaltung
- Fazit
Der Versicherer uniVersa aus Nürnberger wird in den nächsten Monaten einen neuen Tarif herausbringen. Er wird sich dabei im oberen Premiumbereich eingliedern wollen, weshalb es sinnvoll ist, bereits jetzt über die (sehr wahrscheinlich kommenden) Neuerungen zu sprechen.
1. Wie war die Tariflandschaft bisher?
Mit einem Wort: Solide. Was bisher einzigartig war ist die Tarifwechselwelt der uniVersa. So konnte man beispielsweise vom uni-VE 2000 G in den uni-A 155 ohne erneute Gesundheitsprüfung wechseln.
Da es sich beweisen lässt, dass sich nach Berücksichtigung von Alterungsrückstellungen, Selbstbehalten und Arbeitgeberzuschüssen Einsteigertarife selbst bei erst einmal geringeren Beiträgen auf dem Papier nachteilig auswirken im Vergleich zu Premiumtarifen, gehen wir im folgenden Vergleich nur auf die Tarifkombination uniVersa uni-A310 uni-ST 1/100 und uni-ZA 100 ein. Dieser würde für einen 25 Jährigen mit 130 € Krankentagegeld 733 € kosten.
Vergleicht man diesen Beitrag mit denen anderer Anbieter im ähnlichen Leistungsbereich, fällt auf dass die uniVersa verhältnismäßig viel Geld für ihren Schutz möchte. Und das finden wir super. Nein, nicht wegen der höheren Provision. Beispielsweise kostet der MedBest 300 von der ARAG 581 €, wo sich jeder Kunde zurecht fragen darf: Mit welcher Begründung verlangt der eine Anbieter für einen besseren Tarif 180 € weniger? 🙂
Vor allem geht es uns (und der uniVersa) um eine nachhaltige Kalkulation, die die Beitragsstabilität ins Zentrum setzt, statt auf kurzfristige Gewinne mit zu niedrig kalkulierten Tarifen mit leichten Opfern (wie etwa Strukturvertriebe oder Branchenkollegen ohne Schwerpunkt PKV) zu setzen. Das sieht man unter anderem auch daran, dass es den Tarif seit 2013 gibt und sich daran praktisch nichts geändert hat.
Ein Versicherer der alle paar Jahre neue Tarife auf den Markt wirft, die immer wieder günstiger UND besser sein sollen, sollte einen dagegen skeptisch werden lassen.
2. Bisheriger Top-Tarif – was war gut, was schlecht?
2.1 Was war gut?
Jetzt geht es vor allem nur um die Punkte in den AVB.
Erst einmal das (viele) Gute:
- Kein Haus- oder Primärarztprinzip
- Spitzenmedizin im ambulanten, stationären und dentalen Bereich (= Überschreitung der GOÄ/GOZ)
- Vorsorge (und Schutzimpfungen) über das GKV-Niveau hinaus (500 € bei Vorsorge innerhalb von 2 Jahren)
- Offener Heil- und Hilfsmittelkatalog: Alles, was neu hinzukommen sollte in der Zukunft ist vom Versicherungsumfang gedeckt
- Psychotherapie ohne Limitierung der Sitzungszahl und prozentuale Erstattung (sowohl ambulant als auch stationär)
- Privatkliniken sind vollumfänglich mitversichert
- Stationäre und ambulante Anschlussheilbehandlung ist explizit mitversichert
- Häusliche Krankenpflege ist mitversichert
- Palliativversorgung ohne Einschränkungen, zumindest teilweise Hospizleistungen
- 100 % bei Zahnersatz, 80 % bei Zahnbehandlung
- Keine Begrenzungen bei Implantaten und kieferorthopädischen Maßnahmen
- Keine Einschränkung auf Material- und Laborkosten sowie einer PZR
- Unbegrenzte Leistungen bei Augenlaser (wer’s braucht 🙂
- Wahlärztliche Leistungen im Krankenhaus (1-Bett-Zimmer, Wahlarzt)
2.2 Was war schlecht bzw. weniger gut?
Folgendes fanden wir an der uniVersa bisher nicht so gut gelöst:
- Keine weltweite Geltung für eine dauerhafte Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes außerhalb von Europa: Maximal 3 Jahre
- Keine Rehamaßnahmen waren versichert
- Keine Entziehung, oder Kur
- 15.400 € an Summe für Erstattungen in den ersten sieben Jahren Zahnstaffel (dabei zählen Zahnbehandlungen auch in die Summe rein)
- Nachteile zur GKV: Keine Beitragsbefreiung bei Elternzeit (mehr Marketing, aber macht ja bei vielen Kunden doch Welle), keine Haushaltshilfe und kein Kinderkrankentagegeld, keine Soziotherapie
- Hilfsmittel in einjährigen Abständen: Was ist, wenn z.B. nach einem Unfall und Amputation direkt die Prothese bezogen werden muss, der Körper diese Art von Prothese abstößt und man direkt eine neue bräuchte? Kosten für High-Tech-Prothesen liegen schnell bei 30-50.000 €.
- Keine gezielte Behandlung in einer gemischten Anstalt bzw. nur nach vorheriger schriftlicher Zusage
- Frist für die Anschlussheilbehandlung liegt bei 14 Tagen – was ist wenn dazwischen eine Pause eingelegt werden muss, weil der Patient erst wieder zu Kraft kommen muss? Z.B. nach einer Krebstherapie.
- 80 % Zahnersatz sind schon okay, aber für einen Top-Tarif zu wenig
3. Neuer Top-Tarif: Was wird neu sein – und ist der neue Tarif immer besser?
Im Folgenden stellen wir die bisher zu erwartenden Tarifänderungen heraus. Die uniVersa verweist selbst darauf, dass sich bis zur Publikation des finalen Tarifs noch Änderungen ergeben können, was natürlich auch die folgende Analyse beeinträchtigen würde. Die angezeigten „Highlights“, welche jedoch der bisherige Top-Tarif ebenso versichert hat, lassen wir damit außenvor. Der neue Tarif wird wohl eine Selbstbeteiligung von 300 € p.a. haben (nicht klar ist, ob diese nur auf ambulante Behandlungen anfällt, oder auch auf stationäre und dentale und ob es eine statische SB ist oder eine prozentuale Erstattung vorgenommen wird) und für Kinder die Hälfte, also 150 €.
Tarifmerkmale: Vergleich neu zu alt
- Tarifmerkmal neu: Sehhilfen mit 600 € innerhalb von 2 Jahren
- Vorher: Keine bedingungsseitige Regelung, laut Highlight Blatt aber Brillengestelle bis 125 €, Einstärkengläser bis 300 € und Mehrstärkengläser bis 600 € (alle 2 Jahre) sowie Kontaktlinsen 410 € (jedes Jahr)
- Bewertung: Wenn ich vorher jedes Jahr Kontaktlinsen für 410 € und gleichzeitig jedes 2. Jahr ein neues Modell Brille für 125 € mit Mehrstärkenglas für 600 € hole, komme ich in 2 Jahren auf 1.135 €, während im neuen Tarif „nur“ 600 € erstattungsfähig sind. Mir fällt auf den ersten Blick auch wenige Szenarien ein, wo die neue Regelung mehr Erstattung freisetzen würde.
- Tarifmerkmal neu: Erstattung für ambulante Psychotherapie zu 100 % bis zur 20. Sitzung und ab der 21. % Sitzung zu 90 %
- Vorher: Komplette 100 % Leistung
- Bewertung: Deutliche Schlechterstellung im Vergleich zum vorherigen Tarif. Gehe ich z.B. 2x pro Woche zu einer tiefenpsychologisch fundierten Behandlung, wo die Stunde mich 100 € kostet, dann bin ich pro Jahr bei 104 Sitzungen und Kosten in Höhe von 10.400 €. Beim neuen Tarif erhalte ich jetzt eine Erstattung von 9.560 €, muss also knapp 840 € p.a. selbst zahlen. Diese Einschränkung ist insbesondere ob der im Verhältnis zur stationären Psychotherapie günstigen Therapie in Ordnung, zumal andere Anbieter wie z.B. die Hallesche auch im Premiumsegment eine Einschränkung auf z.B. 90 % haben – nur dort von Beginn an.
- Tarifmerkmal neu: Heilpraktiker Leistungen werden bis zu 2.000 € pro Kalenderjahr erstattet.
- Vorher: 100 % Erstattung.
- Bewertung: Obviously eine Schlechterstellung. Aber eine, die zu begrüßen ist. Sorry, aber jeder der auf Heilpraktiker schwört, soll deren nicht wissenschaftlich anerkannte Methoden selbst zahlen. Da dies mit einer der Treiber von Kosten sein kann, ist diese Entscheidung der uniVersa sehr zu begrüßen.
- Tarifmerkmal neu: Leistungen für digitale Gesundheitsanwendungen zu 100 % nach ärztlicher Verordnung bzw. 80 % anderweitige DiGA bis 1.600 € nach schriftlicher Zusage
- Vorher: Nicht bedingungsseitig mitversichert.
- Bewertung: Nett, das wars aber auch. Gemischte Gefühle hatten 2023 bereits GKV-Versicherte bei der AOK in einer Umfrage offenbar.
- Tarifmerkmal neu: Erstattung für ambulante Soziotherapie (bis zu 120 Stunden innerhalb von drei Jahren)
- Vorher: Nicht versichert.
- Bewertung: Ein solider Lückenschluss zu einem bis dato vorhandenen Nachteil im Vergleich zu den Leistungen der GKV.
- Tarifmerkmal neu: Auslandsrücktransport/Überführung aus dem Ausland
- Vorher: Nicht versichert.
- Bewertung: Wichtig und richtig für die Vögel, die es nicht schaffen für 12 € pro Jahr eine Auslandsreisekrankenversicherung abzuschließen.
- Tarifmerkmal neu: 90 % für Zahnersatz
- Vorher: 80 %
- Bewertung: Sehr gut. Bei 3 Implantaten für jeweils 3.000 € müssen nun nur noch 900 € gezahlt werden, statt wie bisher 1.800 €.
- Tarifmerkmal neu: Andere Zahnstaffel – jetzt 1.500 € im 1. Versicherungsjahr, 3.000 € in den ersten zwei, 4.500 € in den ersten drei und 6.000 € in den ersten vier Kalenderjahren.
- Vorher: 1.550 € im 1. Versicherungsjahr, 3.100 € in den ersten drei, 7.700 € in den ersten fünf und 15.400 € in den ersten sieben Jahren
- Bewertung: Mal abgesehen von den 50 € Mehrleistungen im ersten Jahr, gibt es 1. früher unbegrenzt Leistung (4 statt 7 Jahre) und 2. schneller die Leistungen. Insgesamt also sehr begrüßenswert.
- Tarifmerkmal neu: 6 Monate Beitragsbefreiung für das Neugeborene und für einen selbst bei Bezug von Elterngeld.
- Vorher: Nicht versichert.
- Bewertung: Nett, weil es auf den möglichen „Nachteil“ einer kostenpflichtigen Familienversicherung bei der PKV im Vergleich zur GKV einzahlt. Bei einem Kindesbeitrag von ca. 150 € und einem eigenen Beitrag von ca. 600 € sind das aber bestenfalls 4.500 € „Ersparnis“, die bei einem zu erwartenden Beitragsvolumen über das Leben hinweg von sehr hohen sechsstelligen Beträgen eher als Marketing zu verstehen sind.
- Tarifmerkmal neu: Kinderkrankentagegeld bei Erkrankung eines im Tarif versicherten Kindes.
- Vorher: Nicht versichert.
- Bewertung: Es gibt in dem Falle der Erkrankung keine Lohnfortzahlung, weshalb man in der GKV ins Krankengeld rutscht. Urlaub müsste ansonsten genommen werden, was doof ist. Da davon ausgegangen werden kann, dass die uniVersa hier nur das Pendant zur GKV spielen will und damit max. 30 Kinderkrankentage bei Eltern mit einem Kind bis zu 12 Jahren. Der Tageshöchstsatz liegt bei 118 € womit einem max. 3.540 € pro Jahr entgehen würden, vorausgesetzt es wäre nicht versichert. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, da Betriebe fünf Tage lang das Gehalt zu 100 % weiterzahlen müssen (anderweitige arbeitsvertragliche Regelung beiseite), sofern das Kind noch nicht 8 Jahre alt ist. Faktisch kommt es also in diesem Bereich nur zu relativ geringen Lücken zur GKV. Da dieses Schein-Argument allerdings oft von nicht bekehrbaren GKV-Jüngern angeführt wird, ist diese Neuregelung zu begrüßen.
- Tarifmerkmal neu: Leistungen bei ambulanten und stationären Rehamaßnahmen
- Vorher: Nicht versichert.
- Bewertung: Äußerst wichtiger Punkt, wie bereits hier dargelegt.
- Tarifmerkmal neu: Haushaltshilfe für Kinderbetreuung
- Vorher: Nicht versichert
- Bewertung: Nett, aber Kosten wären auch so relativ niedrig. Trotzdem gut.
- Tarifmerkmal neu: Garantierte Beitragsrückerstattung von 600 € (fraglich bleibt, ob die auch ausgezahlt wird, bei keiner Leistungsfreiheit) und 2,5 Monatsbeiträgen ab dem 1. leistungsfreien Jahr (diese ist erfolgsabhängig)
- Vorher: Etwas kompliziert. 🙂
- Bewertung: Gut, weil einfacher zu bewerten. Schlecht, weil Beitragsrückerstattungen nahezu irrelevant sind. Warum: 1. Jederzeit kürzbar (außer die 600 €), steuerlich anrechnungspflichtig (= nur ca. 55 % bleiben effektiv) und mit laufendem Vertragsalter immer schwerer zu erreichen (durch die nominelle Selbstbeteiligung und die medizinische Inflation die oberhalb der normalen liegt, gepaart mit der Tatsache, dass wir je älter wir werden auch kränker werden steigt mit laufender Zeit die Chance, dass wir mehr Rechnungen produzieren als dass wir Beitragsrückerstattungen erhalten). Wir würden uns natürlich wünschen, dass lieber weniger BRE ausgezahlt werden und mehr in die Alterungsrückstellungen fließt, aber irgendwo muss natürlich auch der Vertrieb angekurbelt werden.
- Tarifmerkmal neu: Definierte Vorsorgeleistungen, Zahnprophylaxe und Präventionskurse sowie Schutzimpfungen haben ziehen keinen Abzug von Selbstbeteiligungen nach sich und schädigen auch nicht die Beitragsrückerstattung.
- Vorher: Volle Anrechnung auf SB und BRE.
- Bewertung: Sehr begrüßenswert, da Vorsorge belohnt werden muss, statt wegen etwaiger Geldideen daran zu „sparen“.
4. Preisgestaltung
Mündlich wurde eine preisliche Einordnung zwischen dem Tarif MedBest 300 von ARAG und dem NK.select XL Bonus der Hallesche zugesichert.
Zum Vergleich: Für einen 25 Jährigen kosten die o.g. Tarife 650 € bzw. 581 €.
Jetzt ist der neue Tarif von der uniVersa nicht (viel) leistungsstärker als der der Hallesche und der ARAG, preisseitig sind sie aber relativ nahe beieinander. Dahingehend würde also die Kalkulation aufgehen.
Was mich stutzig macht: Der neue Tarif ist in sehr vielen Bereichen deutlich besser als der alte mit ähnlicher SB. Ich hoffe daher stark, dass sich die uniVersa nicht an den eben benannten Tarifen orientieren will, sondern ihren Status als v.a. beitragsstabilen Versicherer fortsetzen möchte. Beide Anbieter haben mit ihren Tarifen zwar leistungsseitig sehr gute Angebote, sind allerdings mehr (ARAG) oder minder (Hallesche) deutlich unterkalkuliert und werden damit auf lange Sicht ihre zu wenig gezahlten Beiträge der Versicherten in Form von Beitragsanpassungen nachholen müssen. Die SDK verlangt für die Tarifkombi AM11 S1 Z9 nämlich 750 € und nur zur Erinnerung der vergleichbare uni-A 310 immer noch 733 €.
5. Fazit
In Summe stehen die Änderungen dem neuen uniVersa Tarif sehr gut. Wo auf Beitragsstabilität statt Leistungsverbesserung gesetzt wurde ist die ambulante Psychotherapie und die Erstattung von Heilpraktikern. Eine nachvollziehbare Entscheidung.
Was ich jedoch weniger gut finde, ist dass die uniVersa größtenteils bei Produktverbesserungen den Schwerpunkt aufs Marketing gelegt hat, statt auf die verbindlichen AVB zu schauen: Hohe BRE und viel GKV Make-Up.
Dass z.B. Rehamaßnahmen nun versichert sind, sieht die uniVersa in ihrem eigenen Hightlight-Blatt also lediglich als „Besonderheit“, die anscheinend vergleichbar mit dem Kinderkrankentagegeld ist. Das ist ein tatsächliches Highlight, was es hervorzuheben gilt (außer es ist zurecht so klein dargestellt, weil zig Ausschlüsse und Einschränkungen dort zu finden sind – bitte uniVersa: Lasst mich nicht schwach werden!)!
Ich hoffe daher inständig, dass „Hilfsmittel in einjährigen Abständen“, MB/KK Bedingungen bei gemischten Anstalten, max. 3 jährige Fortführung der Versicherung außerhalb Europas und die doofe 14-Tage-Regelung bei AHB in den finalen AVB nicht mehr zu finden sind.
Dafür würde ich auch auf Kinderkrankentagegeld und Beitragsbefreiung bei Elternzeit verzichten. 😉
Bis dato war die uniVersa schon immer vermittelbar, weil kein absoluter Graus in den AVB. Wenn die eben benannten Kritikpunkte verbessert würden, dann sieht es allerdings gut aus, das die uniVersa wieder im Premiumsegment mitspielen kann, statt „nur dabei“ zu sein.
Es bleibt allerdings auf die finalen AVB zu warten, woraus sich ggf. noch kleinere (oder auch größere) Anpassungen ergeben.
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