Maximale Rendite & optimales Portfolio – Wo bleibt da der Spaß?

Ein Gastbeitrag von Marcel Göckeler1

Vor einiger Zeit wurde von KÄPSELE ein Beitrag verfasst, in welchem das Investieren in Einzelaktien als Renditekiller und als Anzeichen für das Vorhandensein von „gefährlichem Halbwissen“ betitelt wurde. Im Kontext von Schlagworten wie der Renditemaximierung ist dies höchstwahrscheinlich korrekt.  

Als jemand, der selbst gerne in Einzeltitel investiert habe ich mir diesen Beitrag als Denkanstoß genommen und evaluiert, was Investieren am Markt denn eigentlich ausmachen sollte. Ist der Fokus auf die Rendite das ausschlaggebende Argument pro oder contra eines Investments oder gibt es noch weitere, softe Faktoren, die dazu kommen und auch dazukommen sollten?

Diese Fragen habe ich während eines ausgedehnten Spaziergangs mit unserem Familieninvestment Peach (siehe Titelbild) – Unikat, nicht am Markt erhältlich😉 – für mich versucht zu beantworten. Diese Gedankengänge darf ich heute als Gastautor an dieser Stelle mit euch teilen. Natürlich ist die Sichtweise meine eigene und von Anleger zu Anleger verschieden, da unterschiedliche Zielsetzungen, Strategien etc. verfolgt werden.

Fangen wir an mit dem Hauptargument:

Rendite.

Natürlich sollte die Rendite bei Investitionsentscheidungen nicht komplett außen vorgelassen werden. Das war zumindest mein erster Gedanke. Dann habe ich gedanklich mein Portfolio ausgebreitet und mich gefragt, ob alle Investitionen darin vor dem Hintergrund der Rendite getroffen wurden. Ziemlich schnell fiel mir dabei auf – nein, ganz und gar nicht.

Aber der Reihe nach.

Die Basis meines Depots bildet ein ziemlich langweiliger All-World ETF, der monatlich über einen Sparplan gefüttert wird und knappe 45% des Portfolios ausmacht. Alle vier Monate kann ich mich hier über Ausschüttungen freuen, ansonsten verläuft das Investment passiv und gerät zwischendurch auch mal in Vergessenheit.

Moment! Habe ich nicht irgendwo mal gelesen, thesaurierende ETFs bieten statistisch gesehen eine langfristig bessere Rendite als ausschüttende? Da ist sie, die erste Diskrepanz zur Renditefokussierung.

Mir gefällt es, in regelmäßigen Abständen Ausschüttungen zu erhalten und dann zu überlegen, wie diese verwendet werden können. Reinvestieren, Auszahlen oder doch Aufstockung einer anderen Position? Dafür verzichte ich auf die ersten Renditepunkte? Ja, weil ich mich dann aktiv mit meinem Investment beschäftigen kann und nicht alles in der Passivität des Sparplans verschwindet.

Blicken wir auf die restlichen 55% des Depots. Diese bestehen aus Einzelaktien.

Eben jene Einzeltitel, vor denen in vorherigen Blogeinträgen noch gewarnt wurde. Jene Einzeltitel, mit denen man mir Halbwissen und Verschenken von Rendite vorwerfen kann. Und das ist gut so! Ich möchte hier gar nicht auf alle Positionen eingehen, sondern nur beispielhaft einige Positionen hervorheben.

Erstens: So finden sich unter diesen Einzeltiteln die Aktien der Unternehmen Dräger (DE) und Rosenbauer (AT). Wäre die Rendite bei einem alternativen Investment in den ETF höher? Wahrscheinlich.

Trotzdem habe ich diese Positionen aus Überzeugung im Portfolio und werde sie auch weiter ausbauen. Hintergrund dieses Investments? Mein Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr und dem dadurch in jedem Einsatz vorhandenen Begegnung mit Produkten dieser Unternehmen. Feuerwehraktien für den Feuerwehrmann.

Zweitens: Besonders häufige Entscheidung für Einzeltitel in meinem Depot liegt in der Freude an regelmäßigen Zahlungseingängen. Alle Einzeltitel in meinem Depot, von einigen Ausnahmen auf Grund anderer Investitionsentscheidungen mal abgesehen, eint eine Eigenschaft: Sie zahlen Dividenden.

Die statistisch gesehenen fehlenden Renditepunkte zu einem thesaurierenden Passivinvestment werden hier ausgeglichen durch die Freude an den Auszahlungen einerseits und andererseits macht es (zumindest mir) Spaß verschiedene Kandidaten für einen Kauf bzw. eine Aufstockung zu vergleichen, zu schauen wie viel Dividende entspricht der zu investierende Betrag bei Aktie A im Vergleich zu Aktie B.

Meine Erfahrung zeigt mir: ich beschäftige mich mit diesen Einzeltiteln viel intensiver, als ich es mit einem Passivinvestment tun würde.

Drittens: Das gestehe ich an dieser Stelle: ich investiere auch komplett unabhängig von finanziellen Kennzahlen in Unternehmen.

Bei diesem Gedanken musste ich tatsächlich kurz stehen bleiben beim Nachdenken und wurde direkt mit einem vorwurfsvollen Blick vom anderen Ende der Leine bedacht. Hund will nach Hause, Hund hatte noch kein Frühstück und Hund hat Hunger.

Aber ja, zurück zum eigentlichen Thema, ich investiere in Unternehmen, zu denen ich auf die ein oder andere Weise eine (emotionale) Verbindung habe, die dem rendite-orientierten Betrachter womöglich das ein oder andere Fragezeichen und Stirnrunzeln bereiten. Ein Beispiel dafür ist mein Investment in das US-amerikanische Unternehmen Deere & Co., sicherlich kein Geheimtipp oder großartige Spekulation aber die Entscheidung einen gewissen Teil meines Portfolios für diese Aktie zu reservieren ist unbewusst schon in meiner Kindheit gefallen.

Im Sommer und Herbst auf den Feldern von Freunden und Bekannten meines Großvaters, waren es meist John Deere Traktoren, die mein kindliches Herz höherschlagen ließen. Keine Gelegenheit zur Mitfahrt wurde liegen gelassen. Auch wenn es nicht gereicht hat, meine Berufliche Laufbahn in Richtung Landwirtschaft zu lenken, haben diese Erfahrungen doch diese Aktie in mein Depot gebracht, ohne vorher die finanziellen Grundlagen dieses Investments zu checken.

Ich denke, die meisten können sich in einer dieser aus theoretischer Sicht irrationalen Entscheidungen für ein Investment wiederfinden.

Mein Fazit am Ende des Spaziergangs: Rendite ist wichtig, aber Rendite ist nicht alles. Man kann und darf sich einen Teil des Portfolios gönnen, um irrationalen Entscheidungen nachzugehen. Sei es aus Emotionen, Interessen oder einfach Spaß an der Sache heraus.

Dies sollte zwischen all den Beiträgen zur Renditemaximierung und Portfoliooptimierung nicht vergessen werden. Denn wo bliebe denn sonst der Spaß?

  1. Die nachfolgenden Zeilen stellen lediglich die persönliche Meinung des Autors dar. Sie beinhalten keine Anlageempfehlung oder -beratung! ↩︎

Über den Autor: Marcel ist 25 Jahre jung und kommt aus Iserlohn. Neben seinem Job als Financial Controller ist er leidenschaftlicher Investor und Anleger, sicher auch bedingt durch sein Studium in Ökonomie und Management. Neben Feuerwehr und Hund beschäftigt er sich regelmäßig mit dem was in der Wirtschaft vor sich geht – sicher auch inspiriert durch seine Investitionen in Einzelaktien.

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