Der aktuelle Gesetzesentwurf der FDP zu steuerlich geförderten Aktien- und ETF-Sparplänen hat in der Finanzwelt unserer Meinung nach für deutlich zu wenig Aufsehen gesorgt.
Gerade als Vermittler mit Fokus auf den Bereich Leben und Altersvorsorge sind für uns einige Implikationen unklar und die Auswirkungen sollten dringend diskutiert werden.
Ziel des Entwurfs ist es, den Anreiz zur Altersvorsorge zu erhöhen und die Rahmenbedingungen für ein steuerbegünstigtes Investieren für das Alter zu schaffen. Der Kerngedanke ist also ähnlich der Reform von 2005 und durchaus sinnvoll. Ob die Umsetzung am Ende der gleichen Kritik ausgesetzt sein wird wie heute Riester- und Rürup-Rente wird sich zeigen.
Hier geht es zum original Artikel in der AssCompact.
Grundlagen und Auswirkungen des Gesetzes
Ziel des Gesetzesentwurfs
Die Idee der FDP, die private Altersvorsorge zu stärken und mehr Aktivität am Kapitalmarkt zu fördern, ist hier längst überfällig und auch im Koalitionsvertrag aus dem Dezember 2021 ist die Reform niedergelegt.
Dass Aktien und ETFs hier in den jungen Generationen längst angekommen sind, zeigen die Zahlen von beispielsweise Extra-ETF, die von 7,1 Millionen monatlichen ETF-Sparplänen sprechen.
Diese sollen bis 2028 auf etwa 10,7 Millionen anwachsen und das Altersvorsorge-Depot könnte zu diesem Wachstum beitragen.
Kernpunkte des Gesetzesentwurfs
Steuerliche Freistellung von Sparplänen
Ein zentraler Aspekt des Entwurfs ist die steuerliche Freistellung von Aktien- und ETF-Sparplänen. In unterschiedlichen Quellen werden mehrere Varianten der besteuerung genannt, es scheint also noch mehr oder minder unklar, wie die Ausgestaltung letztlich aussieht.
Teilweise wird von steuerfreien Erträgen gesprochen. Teilweise von nachgelagerter Besteuerung. Teilweise sollen rein die Erträge unter den persönlichen Einkommensteuersatz fallen. Und alle diese Varianten werden im selbsen Artikel und Interview genannt.
Der aktuelle Entwurf orientiert sich laut Herrn Toncar von der FDP sehr stark an den bisherigen Fördermöglichkeiten der Riester-Rente und soll diese erweitern und ausbauen.
Nehmen wir ihn hier beim Wort sind jährliche Einzahlungen bis zu 2.100 € steuerlich begünstigt, wobei dieser Betrag möglicherweise noch angehoben wird.
- Zulagen und Sonderausgabenabzug bleiben dann wie bisher bestehen.
- Wertpapiere und Fonds könnten dann während der Ansparphase steuerfrei verkauft und reinvestiert werden.
Ob die Erträge Steuerfrei bleiben, wagen wir zu bezweifeln, da eine Besteuerung dann bei Einzahlung als auch bei Entnahme komplett entfiele. Selbst wenn nur die Erträge besteuert werden würden, Einzahlungen allerdings komplett steuerfrei blieben wäre das eine deutliche Verbesserung zur aktuellen Riesterförderung.
Unser Vermutung ist, dass Entnahmen aus dem Altersvorsorgedepot in der Rentenphase komplett versteuert werden. Auch wurde angedeutet, dass die Wertpapiere bis zur Rente gehalten werden müssen und dann ähnlich wie beim Riester nur teilweise Kapitalisiert werden können.
Der Entwurf sieht zudem eine Vereinfachung der Steuererklärung für Kapitalerträge vor. Durch eine automatische Meldung der steuerfreien Sparpläne an das Finanzamt sollen Anleger von bürokratischem Aufwand entlastet werden.
Potenzielle Auswirkungen auf das Investmentverhalten
Für viele Bürger, die sich der Notwendigkeit einer zusätzlichen Vorsorge bewusst sind, ist die steuerliche Belastung noch immer ein riesiger Schmerzpunkt. Die Steuerfreiheit könnte diese Hürde abbauen und für eine breitere Kapitalmarktbeteiligung sorgen.
Die Investoren-Quote steigt hier über die letzten Jahre kontinuierlich. Grund dafür ist der Boom rund um ETFs, der vereinfachte Zugang durch Neobroker und das steigende Bewusstsein für die eigene Altersvorsorgesituation.
Die weitere Förderung von Kapitalmarktinvestitionen sollte diese Zahl weiter steigern. Der aktuelle Entwurf klingt nach einem No-Brainer ohne Bürokratischen Aufwand. Wird die Komplexität reduziert, wird die Zahl der Anleger in Deutschland weiter steigen.
Auswirkungen auf Finanzberater
Für Privatanleger bedeutet der Entwurf eine weitere Emanzipation von Finanzberatern und die Möglichkeit, auch über die Do-it-Yourself-Anlage steuerliche Vorteile zu nutzen.
Beim Verbraucherschutz und der allgemeinen Presse sollte dies positiv aufgenommen werden. Allerdings bleibt die Frage ob auch Privatanleger maximal davon profitieren oder der wilde Westen der Anlage dadurch gesteigert wird.
ETFs, als kostengünstige und effiziente Anlageinstrumente, sind grundsätzlich für die Altersvorsorge begrüßenswert, im Sinne der Effizienzmarkthypothese.
Die Praxis zeigt allerdings oft eher einen wilden Mix aus Einzeltiteln und wahlloser ETF-Auswahl. Auch in der Zukunft wird hier Anleitung notwendig sein. Insbesondere wenn geförderte Produkte auch alternative Investments und Krypto-Währungen umfassen sollten.
Diskussionen um Provisionsverbote und die Obsoleszenz von Finanzberatung durch DIY-Produkte und geringe Einstiegshürden werden diesen Effekt verstärken. Kostenminimierung ist wichtig, aber nicht die alleinige Lösung.
Zudem sind einige entscheidende Rahmenbedingungen weiterhin unklar:
- Das Gesetz soll auch Anwendung auf zukünftige Fondsgebundene Lebensversicherungen finden – wie sieht es mit bereits geschlossenen ETF-Sparplänen und Rentenversicherungen aus?
- Gilt die steuerliche Förderung für herkömmliche Bank- und ETF-Sparpläne sowie Neobroker? Oder nur für spezielle zertifizierte Sparpläne, siehe Riester.
- Welche Anlagen werden final zugelassen und wie hoch fällt die genaue steuerliche Förderung aus? Wird jede Anlageform gleichermaßen gefördert und die Auswahl dem Anleger komplett freigestellt sein?
- Wird es keinerlei Aufklärungs- und Beratungsanforderung an dieses neue Produkt geben und falls doch, wer soll dieses durchführen?
Fazit
Der Gesetzesentwurf der FDP zur Steuerfreiheit von Aktien- und ETF-Sparplänen ist eine längst überfällige Idee mit vielen positiven Effekten:
- Förderung der privaten Altersvorsorge
- Vereinfachung der Steuererklärung
- Motivation zur eigenen Anlage und höhere Beteiligung am Kapitalmarkt
- Stärkung der Autonomie der Privatanlageer
Die Umsetzung durch die Regierung steht dabei allerdings auf einem anderen Blatt und die offenen Fragen müssen zwingend geklärt werden, bevor der Entwurf sich realisieren kann. Auch wenn der Entwurf in seinen Grundzügen sinnvoll erscheint, zeigt das Beispiel Riester, dass die praktische Umsetzung entscheidend ist.
Die Versicherungspflicht mit Opt-Out wie im aktuellen Koalitionsvertrag zeigt zudem, dass ein Entwurf noch lange keine beschlossene Sache ist.
So oder so wird es für Vermittler mit Fokus auf den Leben-Bereich Zeit umzudenken. Die eigenen Geschäftsmodelle müssen hinterfragt werden und weitere Stützen neben den Provisionseinnahmen geschaffen werden. Stützen, die bestenfalls unabhängig von Produktgebern sind. Dafür kommen Servicepauschalen, Zusatzangebote oder reine Beratungsleistungen auf Honorarbasis in Frage.
Am Ende bleibt es also abzuwarten, wie die tatsächliche Ausgestaltung des Entwurfs aussehen wird. Ob der Entwurf tatsächlich umgesetzt wird. Wer hier nicht Spielball der Politik sein will, muss umdenken und sein Geschäftsmodell stückweise reformieren.