Wie können Sie als Rechtsanwalt sich sicher sein, dass die Private Berufsunfähigkeitsversicherung und das Versorgungswert nicht kollidieren?
Interessiert es einen privaten BU-Versicherer, was ich aus dem Versorgungswerk bekomme?
Diese Frage ist schnell beantwortet: Ja! Die allermeisten Versicherer fragen, ob noch woanders ähnliche Leistungen bezogen werden können.
Warum interessiert es den Versicherer überhaupt?
Auch das ist schnell beantwortet: Weil er den Bedarf ermitteln muss.
Gut, Bedarf ermitteln ist vielleicht ein wenig zu hoch gesteckt – den kann nämlich nur der Interessent i.V.m. einer Beratung eines fachkundigen Versicherungsmaklers ermitteln. Was jedoch wichtig ist: Er muss die finanzielle Angemessenheit prüfen. Heißt: Es gibt Annahmerichtlinien, die besagen, was die höchstmöglich Rente ist, die abgesichert werden darf.
Warum gibt es die?
Man stelle sich einen jungen 30-jährigen Rechtsanwalt vor, der mit 120.000 € Jahresbruttogehalt einsteigt, bei denen er ca. 66.000 € Netto erhält. Sichert sich dieser nun eine BU-Rente von mehr als dem Netto ab, hat er einen ungesunden Anreiz berufsunfähig zu werden. So zumindest die Argumentation der Versicherer. Ob ein Berufseinsteiger nach 10 Jahren Studium, der das erste Mal richtig Geld verdient, so einen Anreiz tatsächlich hat darf bezweifelt werden.
Und wie hoch ist die finanzielle Angemessenheit?
Bei den allermeisten Versicherern am Markt 60 % des Bruttogehalts. Bei manchen 70 %, manche nehmen 80 % des Netto. Einige Versicherer definieren das Netto anders als es der Normalsterbliche tun würde (nämlich so wie es auf seinem Lohnzettel steht), sondern als Brutto minus Soli minus Steuern (Grüße an die SwissLife). Ist in diesem Fall ja positiv, da mehr abgesichert werden kann.
Bliebe es so, wäre die finanzielle Angemessenheit ziemlich einfach zu bestimmen. Aber leider sind Versicherer nicht immer einfach. Daher sinkt z.B. bei den meisten Versicherern die prozentuale Höhe der finanziellen Angemessenheit mit steigender BU-Rente bzw. Bruttoeinkommen. Bedeutet: Möchte ich mir im obigen Beispiel 50.000 € BU-Rente absichern, dann kann z.B. bei der Stuttgarter folgendes herauskommen.
- Bis 48.000 € Bruttoeinkommen: 70 %
- Von 48.000 € – 100.000 € Bruttoeinkommen: 60 % des übersteigenden Teils
- Von 100.000 € – 150.000 € Bruttoeinkommen: 50 % des übersteigenden Teils
- Über 150.000 €: Individuelle Prüfung
Heißt: 70 % x 48.000 € + 60 % * 52.000 € (100.000 € – 48.000 €) + 50 % * 20.000 € (120.000 € Gehalt – 100.000 €) = 74.800 €
Puh, doch nicht so easy. Lässt sich einfach lösen: Senden Sie dem Versicherer die letzten drei Jahresabrechnungen aus Dezember und bitten um Einschätzung der höchstmöglichen BU-Rente.
Falls Berufseinsteiger dann einfach den Gehaltsteil Ihres Arbeitsvertrages.
Die Spanne der finanziellen Angemessenheit beträgt in diesem Beispiel von 74.800 € bei der Stuttgarter bis hin zu 51.000 € bei der Württembergischen.
Okay, jetzt weiß ich wie hoch ich maximal absichern darf – und was hat das Versorgungswerk damit zu tun?
Jetzt kommen die BU-Renten des Versorgungswerkes ins Spiel. Die obige Rechnung können Sie nämlich nur als Berufseinsteiger machen, da Sie noch kein Schreiben über die Höhe der BU-Rente Ihres Versorgungswerkes erhalten haben. Wie zunächst ausgeführt braucht der Versicherer nämlich die Information um einzuschätzen wie viel private BU-Rente noch geht.
Was also tun, wenn man bereits min. ein Jahr Rechtsanwalt ist und sich erst dann um seine BU kümmert?
Man reicht das Schreiben des Versorgungswerkes an ein paar Wunschversicherer inklusive der Jahresabrechnungen der Vorjahre ein und bittet um Auskunft.
Exempel des jährlichen Schreibens über die Höhe der Renten im Versorgungsfall
Und dann erhält man endlich die maximal abzusichernde BU-Rentenhöhe und weiß, bis wohin man gehen könnte.
Shortcut: Sie müssen nicht jeden Versicherer anfragen
In einer Umfrage an alle nahezu alle Versicherer des Marktes (99 % Abdeckung) haben wir abgefragt, wie diese die Handhabe mit der BU-Rente aus dem Versorgungswerk halten.
Folgende Versicherer wurden hierzu befragt :
- Advigon, Allianz, Alte Leipziger, AXA
- Barmenia, Basler
- Canada Life, Condor, Continentale, Cosmos, Credit Life
- Deutsche Anwalt- und Notarversicherung, Deutsche Ärzteversicherung (Ärzte haben ebenfalls ein Versorgungswerk), Debeka, DEVK, Dialog, die Bayerische
- ERGO, Europa
- Generali, Getsurance, Gothaer
- Hannoversche, HanseMerkur, HDI, Helvetia, HUK-Coburg, HUK24
- Inter, InterRisk, Itzehoer
- LV 1871, LVM
- Münchener Verein, myLife
- neue Leben, Nürnberger
- Provinzial
- R+V
- Signal Iduna, Sparkassen Versicherung, Stuttgarter, SwissLife
- TARGO
- uniVersa
- VGH, Versicherungskammer Bayern, Volkswohl Bund, VPV, Versicherer im Raum der Kirchen
- WGV, Württembergische, WWK
- Zurich
Alle unterstrichenen und kursiv geschriebenen Anbieter gaben leider keine Antwort.
VGH, Versicherungskammer Bayern, VRK und die DEVK enthielten sich. Teils mit der Begründung aus geschäftspolitischer Sicht, teils dass keine Pauschalaussage möglich sei.
Was ist das Ergebnis der Befragung?
In qualitativ aufsteigender Reihenfolge.
Folgende Versicherer Rechnen die BU-Rente aus dem Versorgungswerk bereits ab dem ersten € privater BU-Rente zu 50 % an:
- Cosmos, InterRisk, Signal Iduna
Heißt: Erhalte ich 20.000 € BU-Rente aus dem Versorgungswerk, muss ich bei diesen Gesellschaften die kompletten 20.000 € mit 50 % verrechnen. 10.000 € sind also bereits von meiner maximal abschließbaren BU-Rente „ausgeschöpft“ – nicht so schön.
Einen etwas anderen Weg gehen Condor und R+V. Diese unterteilen in Nettoeinkommen unter 50.000 € und ab 50.001 € bis 150.000 €. Bei ersterem wird erst ab 36.000 € BU-Rente zu 50 % angerechnet, zweiteres pauschal zu 50 %. Verdient man also mehr Netto, wird deutlich mehr angerechnet.
Weiterhin rechnet die Canada Life ab 30.000 € privater BU-Rente das Versorgungswerk zu 50 % hinzu.
Ab 36.000 € bzw. 42.000 € bei Ärzten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern zu 50 % rechnet die LV 1871 an. Ebenso tut dies die Nürnberger, nimmt jedoch WP, StB und RA heraus und Tier- und Zahnmediziner mit hinein.
Ab 36.000 € zu 50 % rechnen folgende Versicherer an:
- ERGO, Deutsche Anwalt- und Notarversicherung, SwissLife, uniVersa, Alte Leipziger, Württembergische, Continentale
Ab 42.000 € zu 50 % rechnet die Allianz an, jedoch sind immer min. 42.000 € private BU-Rente möglich.
Ab 50.000 € zu 50 % rechnen folgende Versicherer an:
- Inter, Helvetia, HDI, Basler
Ab 52.000 € zu 50 % rechnen folgende Versicherer an:
- Barmenia, die Bayerische, AXA, Gothaer, Volkswohl Bund
Beispiel: Will ich mir mein Netto von obigen Beispiel versichern (66.000 €) und habe 30.000 € BU-Rente aus dem Versorgungswerk, dann ist die höchstmöglich BU-Rente bei der Condor bzw. R+V 37.800 € (80 % des Netto 66.000 € minus 50 % von 30.000 € BU-Rente aus dem Versorgungswerk).
Auf der anderen Seite Beispiel Basler oder auch die Bayerische: 57.000 € (60 % des Brutto 120.000 € minus 50 % von 30.000 € BU-Rente) maximal absicherbare private BU-Rente.
Die Spanne der maximal absicherbaren BU-Rente ist also in unserem Beispiel knapp 20.000 €.
Was ist, wenn ich die BU-Rente aus dem Versorgungswerk nicht angebe?
Auch das haben wir die Versicherer gefragt. Von Anpassung der zu hohen BU-Rente im Leistungsfall (aber Fortführung des Vertrags und der angepassten Leistung), bis hin zur Anfechtung aufgrund vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung war alles dabei! Diese Angaben sind daher genau so wichtig, wie diejenigen zur Gesundheit.
Dann kann nämlich folgendes passieren:
Beispiel Leistungsverweigerung
Fazit
Folgendes konnte durch den Artikel hinreichend belegt werden:
- Die Angabe der Rentenanwartschaften aus dem Versorgungswerk ist Pflicht und kann mit einer Verweigerung der Leistung im Schadensfall geahndet werden.
- Wie hoch die finanzielle Angemessenheit ist, sollte vorab bei den Wunschversicherern angefragt werden. Dazu sendet man Jahresgehaltsrechnungen und Schreiben des Versorgungswerk an diese.
- Ob die persönlich Wunschrente so versichert werden kann ist sehr intransparent und muss daher entweder von einem Profi gewusst/angefragt werden, oder es bleibt ein äußerst unsicherer Vertrag.
Sie haben persönliche Fragen oder möchten sich direkt von uns zur optimalen Höhe ihrer Berufsunfähigkeit beraten lassen?
Dann buchen Sie sich hier ein kostenloses Kennenlern-Gespräch.
Hinweis: Die Befragung wurde im September 2022 durchgeführt, den Versicherern wurde 4 Wochen Zeit gegeben eine Antwort zu formulieren. Hielt ein Versicherer diese Frist nicht ein, wurde dessen Antwort trotzdem berücksichtigt.